Intelligente Systemlösungen für den (Rad)verkehr der Zukunft

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Zum 23. Mal fand am 30. Mai das ADFC-Mittagsgespräch im Foyer des Hauses der Bayerischen Landkreise statt. Diesmal durften wir Mdl Bernhard Roos, verkehrs- und industriepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, begrüßen, der zum Thema „Moderner Radverkehr und intelligente Systemlösungen für den Verkehr der Zukunft“ referierte.  

Dr. Friedrich Zeller, stellvertr. Landesvorsitzender und Petra Husemann-Roew, Landesgeschäftsführerin begrüßen Bernhard Roos, verkehrs- und industriepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion beim 23. ADFC-Mittagsgespräch Bildquelle: © ADFC/www.dr-ewm.de

Das Fahrrad in seiner Vielfalt ist sowohl Teil der Debatte als auch Teil der Problemlösung. Einerseits sieht Roos eine gewisse Vernachlässigung des Radverkehrs in der überwiegend CSU-geprägten Politik in Bayern, dabei ist gerade in der heutigen Zeit, in der städtische Feinstaubwerte die europäisch vorgeschriebenen Grenzwerte überschreiten, das Fahrrad eine ernstzunehmende nachhaltige Alternative zum motorisierten Verkehr. Andererseits sei dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr mit dem vor kurzem veröffentlichten Radverkehrsprogramm Bayern 2025 ein löblicher Fortschritt in der Radverkehrsförderung gelungen.

Der momentane bayerische Radverkehrsanteil am Modal Split liegt bei 10,5%. Das Radverkehrsprogramm Bayern 2025 sieht vor, diesen Anteil bis zum Jahr 2025 nahezu zu verdoppeln: auf 20%. Hinter diesem Anreiz steckt großes Potenzial: Auf Strecken bis zu fünf Kilometer stellt das Fahrrad das schnellste Verkehrsmittel in der Innenstadt dar. Derzeit werden 40% des PKW Binnenverkehrs auf Strecken bis fünf Kilometer zurückgelegt. Erhöht man diesen Radius auf zehn Kilometer, sind es sogar 75% der Strecken. Bayern hat demnach großes Potenzial, knapp die Hälfte des PKW Binnenverkehrs auf das Fahrrad zu verlagern. Hierfür bedarf es eines Kulturwandels, der das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel in den Vordergrund stellt. Diesen Kulturwandel hat ein Land bereits erreicht: die Niederlande. Bei einer Reise des Wirtschafts- und Verkehrsausschusses des Bayerischen Landtags nach Amsterdam war das kooperative Klima zwischen Autofahrern und Radfahrern deutlich spürbar, welches in Bayern (noch) fehlt.

Neben der Verdopplung des Radverkehrsanteils am Modal Split betont Roos drei weitere wichtige Ziele des Radverkehrsprogramms Bayern 2025. Zum einen müssen Kommunen aktiv werden, um ein bayernweites, verflochtenes Radverkehrsnetz zu schaffen. Des Weiteren hebt Roos die Fortsetzung des Radwegebaus hervor sowie die Förderung von Fahrradabstellanlagen. Die hierfür vorgesehenen Neubauten reichen seiner Meinung nach quantitativ für den Bedarf zwar nicht aus, dennoch betrachtet er den Ausbau als Chance, um zumindest große Steigerungsraten zu erreichen.

Für die Zielerreichung greift Roos einige Handlungsfelder heraus. Hierzu gehören unter anderem die sogenannten Fahrradautobahnen, die auch Bewohnern des Umlandes ermöglichen, 25-40km schnell und zügig und möglichst täglich per Rad zurückzulegen sowie die Barrierefreiheit bayerischer Radwege für neue Fahrradarten wie Lasten- oder Liegeräder. Großes Potenzial um innerstädtische Wege mit dem PKW zu vermeiden, sieht Roos in neuen, innovativen Logistikkonzepten. In seiner Vision werden alle Logistikzentren an einem Punkt zusammengeführt, sodass die Zustellung per Lastenrad an den Endverbraucher vereinfacht wird. Als besonders wichtig erachtet Roos auch die Motivation der Kommunen als Partner. Erfolgreich zeige sich hier der Ansatz der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK), der bis heute 50 Kommunen und Landkreise angehören. Hier weitere Mitstreiter bzw. Mitglieder zu gewinnen, sei wesentlich. Für alle Detailfortschritte in den Handlungsfeldern des Radverkehrsprogramm Bayern 2025 wünscht sich Roos jährliche Berichte, um Rückstände gegebenenfalls rechtzeitig nachjustieren zu können.

Des Weiteren reflektierte Roos die Ergebnisse des ADFC-Fahrrad-Klimatest 2016 für die Region Passau. Passau verschlechterte sich von 4,1 auf 4,38. Im Vergleich dazu liegt die Note im Test-Durchschnitt für diese Stadtgröße bei 3,71. Gründe für den Rückgang sieht er zum einen in den Herausforderungen, die die schwierige topographische Lage aufgrund der drei Flüsse bietet, zum anderen darin, dass manche Ziele in Passau nicht erwünscht sind, wie beispielsweise die Mitnahme von Fahrrädern in Bussen. Trotz alledem schneidet Passau überdurchschnittlich gut bei der Öffnung von Einbahnstraßen für Fahrradgegenverkehr, bei der Wegweisung sowie den Abstellanlagen und Infrastruktur ab. Letztendlich bemüht sich die Stadt um Besserung, indem sie das Angebot von Fahrradabstellplätzen und sichere Radverkehrsführung weiter ausbaut.

Zuletzt greift Roos das Thema Sicherheit von Radfahrern auf. Vergangenes Jahr kamen auf deutschen Straßen 346 Menschen ums Leben, was einer Steigerung von 4,3% entspricht. Prinzipiell gelingt es dem Land seit 2011 nicht, die Zahl der Verkehrstoten Fahrradfahrer zu senken. Als mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit für Radfahrer nennt Roos eine erhöhte Sichtbarkeit durch breitere und farbige Wege sowie eine Vorverlegung der Standspur für Fahrräder an Ampeln, um tote Winkel zu vermeiden. Allerdings spricht Roos auch das Risiko an, welches der jüngste Trend der E-Mobilität mit sich bringt. Da sich Pedelecs optisch kaum von normalen Rädern unterscheiden, wird ihre Geschwindigkeit von vielen Verkehrsteilnehmern falsch eingeschätzt. Daher schlägt Roos Sicherheitstrainings beim Kauf von Pedelecs und E-Bikes vor.

Obwohl Roos grundsätzlich noch reichlich Handlungsbedarf in der bayerischen Radverkehrsförderung sieht und eine Vielzahl von Aspekten kritisch beleuchtet hat, sieht er Chancen, dass diese deutlich verbessert wird, sofern es gelingt das mit guten Ansätzen gefüllte Radverkehrsprogramm Bayern 2025 als Blaupause zu nehmen und entsprechend umzusetzen.

Text: Jessica Hobusch

 

 

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